Wenn das Chaos im Kopf einen Namen bekommt – meine Reise seit 2009
Manchmal gibt es Momente im Leben, in denen alles aus den Fugen gerät, man aber nicht genau weiß, warum. Genau so war es bei mir im Jahr 2009. Ich wusste, dass in mir etwas nicht stimmte, dass meine Gedanken, Gefühle und Reaktionen nicht „einfach nur so“ waren. Trotzdem fehlte mir der klare Blick darauf – bis zu meinen Klinikaufenthalten in Bad Kissingen.
2009 – Das Jahr der Diagnosen
Während zwei stationärer Aufenthalte in Bad Kissingen bekam das diffuse Chaos in meinem Kopf endlich Namen:
- ADHS im Erwachsenenalter
- Borderline-Persönlichkeitsanteile
- Essstörungen
- Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
- Depressionen
Diese Diagnosen zu hören war hart – aber gleichzeitig eine Art Erleichterung. Endlich verstand ich, warum ich viele Dinge anders wahrnahm und warum mich manche Situationen so sehr überwältigten. Es war, als würde endlich jemand das Licht anschalten.
2010 – Ein neuer Weg beginnt
2010 begann ich in einer Werkstatt für psychisch erkrankte Menschen zu arbeiten. Das war für mich ein wichtiger Schritt: raus aus der völligen Orientierungslosigkeit, hinein in eine strukturierte, unterstützende Umgebung.
Ich startete in der Gruppe Hotel und Dienstleistung – ein Bereich, der mir Halt gab und in dem ich nach und nach wieder Vertrauen in meine Fähigkeiten gewann. Später wechselte ich als Koch ins Café, was für mich eine vertraute Welt war: Schließlich war ich bis 2002 beim THW als Feldkoch tätig gewesen. Die Rückkehr in die Küche fühlte sich an wie ein Stück Identität, das ich wiederfand.
Weitere Schritte – Verpackung und schließlich Verwaltung
Nach meiner Zeit in der Küche kam ein Wechsel in die Verpackung. Auch dort sammelte ich neue Erfahrungen und lernte, meinen Alltag trotz meiner Diagnosen zu meistern.
Seit August 2024 bin ich nun in der Verwaltung tätig – etwas, das ich früher nie für möglich gehalten hätte. Struktur, Verantwortung, Organisation: Dinge, die ich mir lange nicht zugetraut hätte, sind heute Teil meines Berufsalltags.
Warum immer noch Chaos im Kopf herrscht – und warum das okay ist
Auch heute fühle ich mich manchmal so, als würde in meinem Kopf ein Sturm toben. ADHS, PTBS und die anderen Diagnosen verschwinden nicht einfach. Doch heute weiß ich, warum dieses Chaos da ist – und vor allem: dass ich Wege habe, damit umzugehen.
Ich habe gelernt, dass Heilung kein Ziel, sondern ein Weg ist. Ein Weg mit Rückschritten, Erfolgen, neuen Erkenntnissen und vielen kleinen Schritten nach vorn.
Und ich bin stolz auf jeden einzelnen davon.